Moderne Zivilisationskrankheit: Diabetes Typ 2

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Gesund bleiben

Ver­ste­hen, erken­nen, behan­deln – was hin­ter Dia­be­tes mel­li­tus steckt

Wenn von Diabetes mellitus die Rede ist, geht es um eine Stoffwechselerkrankung, die durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte (genauer: erhöhte Glukosekonzentrationen im Blut) gekennzeichnet ist. Sie zählt zu den am weitesten verbreiteten Krankheiten in Deutschland. Neben dem Kohlenhydratstoffwechsel können bei Diabetes mellitus auch der Fett- und Eiweißstoffwechsel beeinträchtigt sein.

Eine zentrale Rolle spielt dabei das Hormon Insulin. Es wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und ist unverzichtbar für die Regulation des Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsels. Kommt es zu einer unzureichenden Produktion oder Freisetzung von Insulin – oder, insbesondere bei Typ-2-Diabetes, zu einer verminderten Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber seiner Wirkung (Insulinresistenz) – kann sich eine Diabetes-Erkrankung entwickeln.

Nach Schätzungen der Deutschen Diabetes-Hilfe leben aktuell rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland (ca. 13 % der Bevölkerung). Davon entfallen etwa 9,1 Millionen auf einen diagnostizierten Typ-2-Diabetes, zusätzlich wird eine Dunkelziffer von rund 2 Millionen nicht erkannten Fällen angenommen.

  • Mehr als 90 % aller Menschen mit Diabetes leiden an Typ-2-Diabetes. Diese Form geht häufig mit Übergewicht (Adipositas) einher und tritt nicht selten zusammen mit weiteren Stoffwechselstörungen wie Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen auf. Es handelt sich um eine multifaktorielle Erkrankung, bei der genetische Veranlagung und ungünstige Lebensstilfaktoren wie kalorienreiche Ernährung und Bewegungsmangel zusammenwirken. Dabei spielen sowohl ein relativer Insulinmangel als auch die Insulinresistenz – also die verringerte Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin – eine zentrale Rolle.
  • Der Typ-1-Diabetes macht mit etwa 5–10 % den deutlich kleineren Anteil innerhalb der Gesamtgruppe der Diabetes-Erkrankten aus. Er ist eine Autoimmunerkrankung, die überwiegend im Kindes-, Jugend- oder jungen Erwachsenenalter beginnt. Das Immunsystem greift dabei fälschlicherweise die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse an und zerstört sie. Dadurch kommt die Insulinproduktion vollständig zum Erliegen, sodass die mit der Nahrung aufgenommenen Energieträger nicht mehr verwertet werden können.

Was passiert bei Typ-2-Diabetes im Körper?

Unser Körper benötigt ständig Energie – nicht nur Herz und Muskulatur, sondern vor allem auch das Gehirn sind darauf angewiesen. Die benötigte Energie stammt aus der Nahrung, die in ihre Bestandteile zerlegt und in Form von Glukose (Blutzucker) ins Blut abgegeben wird. Damit diese Glukose in die Zellen aufgenommen und dort als „Treibstoff“ genutzt werden kann, braucht es das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Neben Insulin sind auch andere Hormone – wie etwa Glukagon – an der Regulation des Zuckerstoffwechsels beteiligt.

Kommt es jedoch dauerhaft zu einem Überangebot an Energie, etwa durch eine kalorienreiche Ernährung und Bewegungsmangel, geraten die Stoffwechselprozesse aus dem Gleichgewicht. Zwar produziert der Körper weiterhin Insulin, doch die Zellen reagieren zunehmend weniger empfindlich darauf – es entwickelt sich eine Insulinresistenz. Um den Blutzuckerspiegel dennoch konstant zu halten, muss der Organismus immer mehr Insulin ausschütten. Gleichzeitig bleibt immer mehr Glukose im Blut, anstatt in die Zellen zu gelangen.

Ein Teil der überschüssigen Glukose wird über die Nieren ausgeschieden, was zu vermehrtem Harndrang führt. Daher rührt auch der Name „Diabetes mellitus“ – wörtlich übersetzt „honigsüßer Durchfluss“. Oft wird die Erkrankung in diesem Stadium erstmals bemerkt.

Was sind die Ursachen für Typ-2-Diabetes?

Wie bereits erwähnt, entwickelt sich ein Typ-2-Diabetes meist schleichend und über viele Jahre hinweg. Mehrere Faktoren wirken dabei zusammen:

  • Ernährung: Kohlenhydrate und Fette sind unverzichtbare Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung. Problematisch wird es, wenn dauerhaft zu große Mengen konsumiert werden – insbesondere schnell resorbierbare Kohlenhydrate wie Zucker oder Weißmehlprodukte sowie bestimmte tierische Fette. Eine Ernährung, die zu großen Teilen auf stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Softdrinks, Süßwaren oder fettreiche Wurstwaren basiert, begünstigt Übergewicht und erhöht das Diabetes-Risiko. Als empfehlenswert gelten dagegen ballaststoffreiche und nährstoffdichte Lebensmittel, etwa Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse sowie gesunde Fette wie Olivenöl oder die mehrfach ungesättigten Fettsäuren in Fisch.
  • Bewegung: Bewegungsmangel ist ein wesentlicher Risikofaktor. Wer sich dauerhaft zu wenig bewegt, verbrennt nicht nur weniger Kalorien, sondern verschlechtert auch die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen. Aktuelle Empfehlungen gehen von mindestens 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität pro Woche aus.
  • Übergewicht: Besonders das sogenannte viszerale Fett – also Fettablagerungen im Bauchraum und an den dort liegenden Organen – steigert das Risiko erheblich. Studien zeigen, dass schon eine moderate Gewichtsabnahme das Diabetes-Risiko deutlich senken kann.
  • Rauchen: Studien zeigen, dass Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern etwa ein doppelt so hohes Risiko haben, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Wie das genau zu erklären ist, wurde bisher allerdings noch nicht abschließend erforscht. Die Hauptgefahr beim Rauchen liegt weniger in dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerten, sondern in der steigenden Neigung zu arteriosklerotischen Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, die bei Diabetes ohnehin ein zentrales Problem darstellen.
  • Genetische Veranlagung: Auch die familiäre Vorbelastung spielt eine Rolle. Menschen, deren leibliche Verwandte an Typ-2-Diabetes leiden, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken.
  • Alter: Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Besonders ab etwa dem 45. Lebensjahr nimmt das Risiko deutlich zu. Neuere Studien zeigen aber, dass Typ-2-Diabetes zunehmend auch bei Jüngeren auftritt, vor allem bei starkem Übergewicht.

Wie wird Diabetes-Typ 2 behandelt?

Der Typ-2-Diabetes entwickelt sich meist schleichend und bleibt anfangs oft unbemerkt. Erste Anzeichen können vermehrter Harndrang, Sehstörungen, auffällige Müdigkeit oder Heißhungerattacken sein. Auch Wundheilungsstörungen gehören zu den typischen Warnsignalen. Bei der ärztlichen Untersuchung zeigen sich dann häufig erhöhte Blutzuckerwerte, die deutlich über dem Normbereich liegen. Zum Vergleich: Bei gesunden Menschen liegen die Nüchternwerte normalerweise unter 110 mg/dl, nach einer Mahlzeit bei höchstens 140 mg/dl.

Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist entscheidend. Ziel der Therapie ist es, gemeinsam mit dem Patienten individuelle Therapieziele zu definieren. Dabei steht im Vordergrund, den Blutzuckerspiegel in einen Bereich zu bringen, der die Symptome lindert und das Risiko für Folgeerkrankungen reduziert. Neben einer ausgewogenen Ernährung und mehr Bewegung gehört dazu auch eine Gewichtsreduktion, die die Insulinempfindlichkeit der Zellen verbessert. In manchen Fällen kann so auf Medikamente verzichtet werden, in fortgeschritteneren Stadien kommen jedoch häufig blutzuckersenkende Tabletten (Antidiabetika) oder Insulintherapien zum Einsatz.

Ein wichtiger Bestandteil der Kontrolle ist die regelmäßige Messung des sogenannten HbA1c-Werts, auch „Langzeitblutzucker“ genannt. Er spiegelt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten zwei bis drei Monate wider. Bei gesunden Personen liegt er nach den aktuellen diagnostischen Kriterien unter 5,7 %. Bei Menschen mit Diabetes ist dieser Wert erhöht und dient Ärzten als zentraler Parameter zur Verlaufskontrolle. Daneben kann auch ein oraler Glukosetoleranztest zur Diagnose beitragen: Dabei trinkt die getestete Person eine definierte Menge Glukose, und der Arzt misst, wie sich der Blutzuckerspiegel in den folgenden Stunden verändert.

Welche Gesundheits- und Folgekosten verursacht Diabetes mellitus?

Die Behandlung von Diabetes mellitus verursacht in Deutschland erhebliche Kosten. Nach Angaben der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG, 2021) belaufen sich die direkten medizinischen Krankheitskosten – also Ausgaben für Medikamente, Krankenhausaufenthalte und ärztliche Versorgung – auf rund 21 Milliarden Euro pro Jahr.1  Darüber hinaus entstehen indirekte Kosten, etwa durch Arbeitsunfähigkeit, Frühverrentung oder verringerte Produktivität. Diese sind in der DDG-Quelle nicht beziffert, werden in Studien jedoch als mindestens ebenso hoch eingeschätzt.

So zeigte die KORA-Studie (BMJ Open, 2016), dass Menschen mit Diabetes im Schnitt pro Jahr rund 4.100 € an indirekten Kosten verursachen, vor allem durch Krankheitstage.2 Modellierungen auf Bevölkerungsebene bestätigen zudem deutliche Produktivitätsverluste: Menschen im Erwerbsalter mit Typ-2-Diabetes verlieren im Mittel etwa 2,6 produktive Lebensjahre bis zum Alter von 69 Jahren.3

Andere Erhebungen mit breiterer Abgrenzung – wie die internationale IDF-Systematik, die auch im Gesundheitsbericht Diabetes 2025 der DDG herangezogen wird – kommen für Deutschland auf rund 39 Milliarden Euro diabetesbezogene Gesundheitsausgaben im Jahr 2021.4 5  Je nach Definition und Berechnungsweise schwanken die Angaben also erheblich. Klar ist jedoch: Neben den direkten Behandlungskosten verursachen vor allem die Folge- und Begleiterkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Amputationen oder Erblindung) einen großen Teil der ökonomischen und gesellschaftlichen Belastung.

Fazit

Diabetes mellitus gehört in Deutschland zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und stellt sowohl Betroffene als auch das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Während Typ-1-Diabetes durch eine Autoimmunreaktion entsteht, ist Typ-2-Diabetes das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von genetischer Veranlagung und Lebensstilfaktoren. Früherkennung, konsequente Behandlung und vor allem eine Anpassung des Lebensstils können den Verlauf entscheidend beeinflussen und Folgeschäden verhindern. Klar ist: Je früher gegengesteuert wird, desto besser lassen sich Lebensqualität erhalten und gesellschaftliche wie wirtschaftliche Belastungen verringern.

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