Sportteam steht im Kreis und legt die Hände aufeinander

Mehr Sportspaß im Team – wie geht das?

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Mehr Sportspaß im Team – wie geht das?

Jeannine Ohlert:

Generali: Frau Ohlert, Sie sind Sportpsychologin und analysieren an der Deutschen Sporthochschule Köln Sport-Mannschaften. Was macht ein starkes Team aus?

Jeannine Ohlert: Ein guter Zusammenhalt ist der Kern der Sache. Wenn ich einen guten Teamzusammenhalt habe, dann habe ich in der Regel auch eine gute Teamleistung.


Generali: Was verstehen Sie unter Zusammenhalt?

Jeannine Ohlert: Wenn allen das Team wichtig ist. Wenn sich alle mit dem Team identifizieren und dann eben auch gute Leistungen bringen wollen. Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, ob der Zusammenhalt stark ist.


Generali: Welche sind das?

Jeannine Ohlert: Im Zentrum steht die Frage, ob das Team eine Einheit ist, und zwar auf der sozialen Ebene wie auch auf der Ebene, was das Ziel betrifft. Es hilft nichts, wenn sich zwar alle mögen, aber unterschiedliche Ziele verfolgen. Dann kommt man auch nicht weiter.

Wir schauen uns weitere Faktoren an wie zum Beispiel Rollenverteilungen im Team. Sind allen ihre Rollen klar? Das ist ein häufiges Problem bei Teams. Außerdem fragen wir: Vertrauen sich alle gegenseitig im Team? Wenn Aufgaben an den anderen weitergeben werden, können sie darauf vertrauen, dass es auch es so gehandhabt wird?

Außerdem gibt es in jedem Team verschiedene Führungspersonen. Wir nennen sie "informelle Führungspersonen", sie motivieren oder weisen immer wieder darauf hin: Was ist jetzt unsere Aufgabe? Lass uns mal beim Thema bleiben etc. Führungspersonen sind ganz wichtig, damit die Rollen in den Teams gut verteilt sind und damit man schaut, dass die Rollen von verschiedenen Teammitgliedern eingenommen werden.


Generali: Spielt Motivation im Team eine Rolle?

Jeannine Ohlert: Wir schauen uns das motivationale Klima in der Gruppe genau an. Wir fragen: Unterstützen die Teammitglieder einander? Motivieren sie einander? Wie sieht es mit Hierarchien aus? Gibt es ein starkes Machtgefälle? Wir gehen davon aus, wenn wir in flachen Hierarchien sind, wenn die Führungspersonen versuchen, über intrinsische Anreize zu arbeiten, also eher über Anerkennung, über Belohnung, als über Bestrafung, Ausgrenzung oder Konkurrenz. Genau das sind Dinge, die ein gesundes Team im Wesen ausmachen.


Generali: Wie wichtig ist Absprache?

Jeannine Ohlert: Kommunikation ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Wie wird mit Problemen umgegangen?


Generali: Sie beraten Profiteams, wie gehen Sie dabei vor?

Jeannine Ohlert: Wir schauen uns eine ganze Reihe an Bausteinen an und schauen, wo es in den Teams hakt. Wir machen zuerst eine Bestandsaufnahme, eine "TEAMdiagnostik". Wir gehen über eine strukturierte Beobachtung des gesamten Teams, auch der Führungspersonen, hinein. Wir schauen uns zum Beispiel in einem Sportverein ein Training an, wie sich die Teammitglieder und die Trainer verhalten. Danach reden wir mit den Leuten. Alle Teammitglieder bekommen von uns einen anonymisierten Fragebogen. Dann sprechen wir mit fünf bis sechs Leuten aus dem Team aus verschiedenen Subgruppen, meistens mit den Trainern und vier oder fünf Personen aus der Mannschaft. Dann befragen wir sie gezielt in Einzelgesprächen zu solchen Themen wie Rollenverteilung, ob zum Beispiel alle im Team das Gefühl haben, dass ihnen ihre eigene Rolle klar ist. Die Ergebnisse davon präsentieren wir dann ebenfalls anonymisiert zunächst den Trainern und auf Wunsch anschließend dem gesamten Team.


Generali: Sprechen Sie auch Empfehlungen aus?

Jeannine Ohlert: Ja. Wir schauen im dritten Schritt: Wo sehen wir Verbesserungspotenzial? Wir geben Handlungsempfehlungen und bieten Workshops für das gesamte Team an. Wenn wir zum Beispiel feststellen, dass es eine große Rollenunklarheit im Team gibt oder einzelne Personen, denen ihre Rolle nicht klar ist, arbeiten wir das hinterher auf. Das kann man, abhängig vom jeweiligen Team, auch in zwei Schritten machen: zunächst mit dem Trainer, dann mit dem Team. Oder umgekehrt: Das Team erarbeitet im Workshop Wünsche, die sie danach an den Trainer weitergeben.


Generali: Man sagt oft: Das Team steht sich selbst im Weg. Wie schätzen Sie diese Aussage ein?

Jeannine Ohlert: Im Grunde ist es das, was passiert, wenn Kommunikationsprozesse nicht stimmen, wenn das Team nicht an sich glaubt. Das ist auch ganz wichtig. Wenn nicht alle im Team das Gefühl haben: Die Aufgabe, vor der wir stehen, können wir schaffen. Dann ist auch die Wahrscheinlichkeit geringer, dass man es hinkriegen kann. Was man von außen sieht, ist, dass das Team irgendwie nicht funktioniert. Unsere Aufgabe ist, zu fragen, warum das so ist.


Generali: Gibt es Teams, die Sie überrascht haben?

Jeannine Ohlert: Es war tatsächlich häufig so, dass die Trainer uns zurückgemeldet haben: "Das Meiste war mir irgendwie schon unbewusst klar", auch wenn sie noch nicht explizit darüber nachgedacht hatten. Aber es war auch immer irgendein Punkt dabei, der unerwartet war, zum Beispiel, dass es ein oder zwei Außenseiter im Team gab, was dem Team an sich nicht klar war. Oder dass Trainer gesagt haben: "Eigentlich habe ich das Gefühl gehabt, allen müsste ihre Rolle klar sein". Das war sie dann aber nicht. Das war das Interessante für uns: dass sie die Grundtendenz total gut mitgehen konnten, es aber immer mindestens einen Aspekt gab, der überraschend war.


Generali: Welchen anderen Themen widmen Sie sich aktuell neben der Teamdiagnostik?

Jeannine Ohlert: Ich forsche momentan viel zum Thema der interpersonalen Gewalt im Sport. Das hat auch viel mit Gruppenprozessen zu tun, das heißt: Wie muss eine Gruppe ticken, damit möglichst wenig Gewalt entsteht, in der Gruppe selbst und zwischen Trainern und Sportlern. Ein ganz spannendes Thema, das aktuell zum Glück auch immer mehr Beachtung findet.

Foto Jeannine Ohlert (c) Deutsche Sporthochschule Köln


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