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Arbeitszeiterfassung: Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer

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Arbeits­zei­ter­fas­sung: Was Arbeit­neh­mer wis­sen müs­sen

In vielen Betrieb gilt eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden. Früher wurde diese mit Stundenzetteln oder einer Stechuhr dokumentiert, heute erledigt das in der Regel ein digitales System. Allerdings wird die Zeiterfassung nicht überall praktiziert.

Ist die Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber bald verpflichtend? Wie ist gesetzlich geregelt, dass Arbeitnehmer nicht zu viel arbeiten und ausreichend Pausen einlegen? Hier erfährst du die wichtigsten Neuerungen im Arbeitszeitgesetz und welche Rechte du als Arbeitnehmer bei der Arbeitszeiterfassung hast. Das Wichtigste in Kürze:

  • Arbeitgeber in der Europäischen Union sind seit 2019 in der Pflicht, die Arbeitszeit zu erfassen.
  • Für Arbeitnehmer hat die Arbeitszeiterfassung Vor- und Nachteile.
  • Das neue Arbeitszeitgesetz gilt auch für Arbeitnehmer im Homeoffice oder im Außendienst.

Die Arbeitszeiterfassung ist Pflicht – zumindest theoretisch

Das Thema Arbeitszeiterfassung ist etwas heikel, denn mit der Arbeitszeit werden auch persönliche Daten erfasst. Die Arbeitszeiterfassung ist Teil des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und besagt laut Gesetzgeber, dass der Arbeitgeber mit der Speicherung von Mitarbeiterdaten die Arbeitszeit genau überwachen kann. Verpflichtet waren Arbeitgeber dazu bislang nicht.

Zwar gab es am Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2019 ein Urteil, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ein System einführen sollen, mit dem die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer gespeichert werden können. Dieses EuGH-Urteil ist als sogenanntes Stechuhr-Urteil bekannt. Bisher hatte das deutsche Bundesarbeitsgericht jedoch keine konkreten Gesetze dazu verabschiedet.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im September 2022 in einem Grundsatzurteil deutlich gemacht, dass Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden sollen: Sie müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter speichern. Trotz dieser Entscheidung gibt es dazu bislang noch keine gesetzliche Regelung und damit keine Änderung im Gesetz vonseiten der Regierung in Deutschland.

Unabhängig von den künftigen Regelungen gab es in bestimmten Branchen bereits in der Vergangenheit eine Verpflichtung, die Arbeitszeiten zu dokumentieren. Dazu gehören das Baugewerbe sowie die Gastronomie. Damit soll Schwarzarbeit verhindert werden. Auch bei geringfügig Beschäftigten musste die Arbeitszeit gespeichert werden sowie bei Arbeitnehmern, die an Sonn- und Feiertagen (zum Beispiel Weihnachten oder Silvester) im Einsatz sind und folglich eventuell Überstunden machen. Mehr zum deutschen Arbeitsrecht an Feiertagen erfährst du hier.

Arbeitnehmer müssen der Zeiterfassung zustimmen

Plant das Unternehmen, bei dem du beschäftigt bist, ein System zur Arbeitszeiterfassung einführen, müssen dem alle Mitarbeiter zustimmen. Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat, muss auch dieser, laut dem Arbeitszeiterfassungsgesetz, für die Einführung des Zeiterfassungssystems seine Zustimmung geben. Stechuhren und Stundenzettel gibt es hier und da sicher noch, mittlerweile ist es aber üblich, die Arbeitsstunden über eine digitale Zeiterfassung zu speichern. Deshalb ist eine Zustimmung wichtig, da immer die Gefahr bestehen kann, dass persönliche Daten weitergegeben werden.

Wichtig zu wissen: Die Datenschutzgrundverordnung sollte nicht aus den Augen gelassen werden. Es dürfen nur so viele Daten erhoben werden, wie für den Zweck nötig sind. Zudem muss sichergestellt sein, dass nur Mitarbeiter mit einer entsprechenden Befugnis die Daten einsehen dürfen. Die Daten sind nur zum Zweck des Arbeitszeitnachweises und nicht länger als erforderlich speicherbar. Eine Nutzung des Datenverarbeitungssystems durch Unbefugte darf nicht stattfinden. Aus diesem Grund ist der Betriebsrat, soweit vorhanden, dazu verpflichtet, den Umgang mit den Zeiterfassungsdaten zu überwachen. Außerdem hat er eine Verwendung ausschließlich für den vorgesehenen Zweck sicherzustellen.

Arbeitszeiterfassung: Vorteile für Arbeitnehmer

Die Speicherung der Daten ist also ein Nachteil für dich. Aus dem BAG-Urteil ergeben sich aber auch Vorteile für Angestellte. Ein Beispiel: Deine Überstunden häufen sich und du hast kaum freie Zeit für dich und deine Familie? Dann ist die aktuelle Entwicklung eine gute Sache. Das Arbeitszeitgesetz, das bereits 1994 erlassen wurde, regelt die werktägliche Arbeitszeit, wöchentliche Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und tägliche sowie wöchentliche Ruhezeiten für die meisten Branchen. Mit der Arbeitszeiterfassung hast du also gegenüber deinem Chef immer ein handfestes Argument und kannst dokumentieren, dass du deine Pflicht erfüllt hast.

Andererseits kann dein Arbeitgeber durchaus von dir fordern, für die Raucherpause auszustempeln. Dies ist arbeitsrechtlich zulässig, denn Rauchen ist nicht Teil der Arbeit. Deshalb besteht für diese Minuten kein Anspruch auf Lohn. Sinnvoll ist für solche Fälle eine einheitliche Regelung im Betrieb, der Arbeitgeber und die Angestellten zustimmen. Dein Arbeitgeber hat auch das Recht, eine Raucherpause zu verbieten. Anders sieht es beim Gang zur Toilette aus oder wenn du eine kurze Pause machst, um etwas zu trinken. Eine flächendeckende Überwachung ist rechtlich nicht zulässig.

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Arbeitszeiterfassung im Homeoffice

Du arbeitest von zu Hause und stellst dir die Frage, wie dort eine Arbeitszeiterfassung richtig funktionieren kann? Seit der Corona-Pandemie sind mobile Arbeit und das Arbeiten im Homeoffice immer beliebter geworden. Dein Arbeitgeber hat auch in diesem Fall das Recht, die Arbeitszeiterfassung zu fordern. Das geht zum Beispiel mit diversen Software-Lösungen. Daten lassen sich zu Beginn und zum Ende der Arbeitszeit am Computer eingeben und speichern. Auch die Zeiterfassung mithilfe des Smartphones via App ist möglich. Mithilfe einer Smartwatch oder Chipkarte lässt sich die Arbeitszeit ebenfalls dokumentieren.

Gute Gründe für die Arbeitszeiterfassung

Das BAG-Grundsatzurteil wird nicht von jedem Betrieb mit Freude aufgenommen. In großen Betrieben ist es keine Frage: Wird die Arbeitszeit erfasst, wird die Personalplanung möglicherweise vereinfacht. Bei Beamten und Büroangestellten mit ohnehin festen Arbeitszeiten scheint die BAG-Entscheidung eher mehr Bürokratie zu schaffen. In Betrieben mit Schichtarbeit, mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Auftragsarbeiten oder Kundenservice ist eine Zeiterfassung jedoch durchaus sinnvoll.

Ehrlich bleiben bei der Zeiterfassung

Bald werden sich das Stechuhr-Urteil und die BAG-Entscheidung auch auf deinen Betrieb auswirken und die systematische Arbeitszeiterfassung wird Realität. Bleib ehrlich gegenüber deinem Chef und halte dich an wahrheitsgemäße Angaben. Das gilt für die Arbeitszeit an sich, aber auch für die kurze Raucherpause. Vergisst du, dich für die Zeit auszutragen, kann das eine Strafanzeige wegen Urkundenfälschung nach sich ziehen, und ihr seht euch vor dem Arbeitsgericht wieder. Je nach Schwere der Täuschung lässt dein Chef aber auch mit sich reden und kürzt dir den zu viel gezahlten Lohn oder zieht Urlaubstage ab.

Fazit

Wir als EU-Land haben, wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten auch, nach dem BAG-Urteil die Vorgabe, bei der Arbeitszeiterfassung mitzumachen. Allerdings hat die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch kein konkretes Arbeitszeitgesetz dazu erlassen. Die Entscheidung hat den Nachteil, dass personenbezogene Daten von dir gespeichert werden. Andererseits hast du auch Vorteile.

Ob es eine digitale Stechuhr wird oder ein einfaches System auf Papier: Du kannst die über deine normale Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit eindeutig beweisen, damit möglicherweise Überstunden vermeiden und die vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten zwischen den Schichten einhalten.

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