Baustellenleiter blickt verzweifelt auf einen Rohbau

Baumängel erkennen, dokumentieren und anzeigen

  1. ALLE THEMEN IM ÜBERBLICK
  2. BAUMÄNGEL ERKENNEN, DOKUMENTIEREN UND ANZEIGEN
Recht sichern
Lesezeit: 7-8 Minuten

Bau­män­gel recht­zei­tig erken­nen und pro­fes­sio­nell anzei­gen

Der Bau eines Hauses ist komplex und für Laien oft nicht überschaubar. Offene und versteckte Baumängel, Budgetüberschreitungen und zeitliche Verzögerungen sollten Auftraggeber unverzüglich dokumentieren und gegenüber der Baufirma anzeigen. Was du dazu wissen musst, erfährst du hier.

  • Versteckte Baumängel zeigen sich oft erst nach Abnahme des Bauwerks, können aber umso aufwendiger sein.
  • Um Baumängel bewerten zu können, empfiehlt sich die Begutachtung durch einen Sachverständigen.
  • Baumängel solltest du sofort dokumentieren und schriftlich (per Einschreiben) beim Auftragnehmer reklamieren.

Was versteht man unter einem Baumangel?

Baumängel werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) definiert. Grundsätzlich gilt: Das ausführende Unternehmen hat dem Auftraggeber das Bauwerk zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu übergeben.

§ 633 BGB: Sach- und Rechtsmangel

Das BGB legt in § 633 fest, dass das Bauwerk frei von Sachmängeln ist, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wurde keine besondere Beschaffenheit vereinbart, soll sich das Bauwerk für die gewöhnliche Verwendung eignen und die Beschaffenheit aufweisen, die man bei Bauten gleicher Art erwarten kann.

§ 13 VOB: Mängelansprüche

Auch in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen gilt das Bauwerk als frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Zusätzlich muss es den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Fehlen konkrete Vereinbarungen zum Bauwerk, ist es auch hier sachmängelfrei, wenn es sich für die gewöhnliche und geplante Verwendung eignet.

Was ist ein wesentlicher Baumangel?

Ein wesentlicher Baumangel liegt vor, wenn du das Gebäude nicht ohne erhebliche Beeinträchtigungen nutzen kannst oder es nicht dem technischen Standard entspricht. Auch Risiken für Folgeschäden oder hohe Beseitigungskosten gehören zu den wesentlichen Baumängeln.

Wann liegt ein versteckter Baumangel vor?

Oft machen sich Baumängel erst später bemerkbar und beeinträchtigen dann die Nutzbarkeit oder die Optik eines Gebäudes. Ein versteckter Baumangel liegt beispielsweise bei eintretender Feuchtigkeit und sich daraus entwickelnden Schimmelbefall vor.

Gewährleistungsfrist und Verjährung bei Baumängeln

Bei einem nachgewiesenen Baumangel können Auftraggeber dem Unternehmen gegenüber Gewährleistungsansprüche innerhalb dieser Fristen geltend machen:

  • Das Bürgerliche Gesetzbuch hat die Verjährungsfrist auf 5 Jahre nach Abnahme des Bauwerks festgelegt (§ 634a BGB). Bei arglistigem Mangel sind es nur 3 Jahre, ab dessen Kenntnis.
  • In der VOB, der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, liegt die Gewährleistungsfrist bei 4 Jahren.

Eine Frist für Gewährleistungsansprüche kann auch unterbrochen werden, z. B. wenn die Ansprüche vor Gericht verhandelt werden. Eine solche Unterbrechung wird als Hemmung der Verjährungsfrist bezeichnet.

Baumängel erkennen und anzeigen

Um Baumängel zu erkennen, empfiehlt sich eine fach- und sachgerechte Baubegleitung. Diese Aufgabe sollte ein unabhängiger Sachverständiger übernehmen, denn Auftraggeber sind zur ständigen Kontrolle ihrer Baustelle gesetzlich verpflichtet. Sie müssen regelmäßig auf der Baustelle erscheinen und den Baufortschritt kontrollieren bzw. kontrollieren lassen.

Mängelrüge: Wie reklamiert man Baumängel richtig?

Stellen die Beteiligten dabei Abweichungen von den vertraglichen Vereinbarungen fest, müssen sie die Mängel reklamieren und auf Vertragserfüllung bestehen. Dafür müssen diese dokumentiert werden, am besten in Schrift und Bild. Danach sollten Auftraggeber das ausführende Unternehmen umgehend per Einschreiben auffordern, den Baumangel zu beheben.

Wichtig: Diese Mängelrüge muss eine angemessene Frist beinhalten. Nur dann ist das Bauunternehmen in Verzug gesetzt.

Die Behebung der festgestellten Mängel sollten Auftraggeber bzw. Bauberater in den nächsten Kontrollterminen prüfen.

Wer bezahlt den Gutachter?

Die Kosten für den Gutachter trägt immer dessen Auftraggeber. Das gilt auch bei der Klärung eines vorhandenen Baumangels.

Beschaffenheitsvertrag und objektive Kriterien

Vor dem Bauauftrag empfiehlt es sich, einen Beschaffenheitsvertrag abzuschließen. In diesem halten Auftraggeber und Bauunternehmen die vereinbarten Pflichten und deren Gegenleistungen fest. Den Leistungskatalog kann der Auftraggeber mit den erledigten Arbeiten und eingesetzten Materialien vergleichen. Abweichungen und Mängelansprüche können auf dieser Basis einfach angezeigt und dokumentiert werden.

Wurde es versäumt, eine Beschaffenheitsvereinbarung abzuschließen, bleibt nur, den Baumangel durch objektive Kriterien zu belegen. Gemäß § 633 BGB ergibt sich ein Baumangel, wenn das Werk nicht für den geplanten Zweck nutzbar ist oder nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Was tun, wenn die Mängelbeseitigungsfrist verstrichen ist?

Falls der Unternehmer den angezeigten Baumangel innerhalb der gesetzten Frist nicht behebt, bleiben dir mehrere Möglichkeiten, um zu reagieren. In jedem Fall solltest du vorab juristischen Rat einholen. Dazu empfiehlt es sich, frühzeitig eine Rechtsschutzversicherung für Baumängel abzuschließen.

Die mögliche Geltendmachung der Ansprüche richtet sich nach deiner Vertragsgrundlage:

  • Nacherfüllung (§ 635 BGB): Wenn du den Bauunternehmer auf Mängelbeseitigung in Anspruch nimmst, nennt man das Nacherfüllung. Die Nacherfüllung gilt bei Verträgen nach BGB und VOB als erstes Mittel.
  • Minderung (§ 638 BGB): Kommt der Unternehmer der Aufforderung zur Beseitigung eines Baumangels nicht nach, kannst du bei einem Vertrag nach BGB Minderung verlangen. Das heißt, du verlangst eine Reduzierung der Baukostenrechnung.
  • Schadensersatz (§ 280 ff BGB): Erfolgt keine Mängelbeseitigung, darfst du stattdessen bei einem Vertrag nach BGB für Baumängel auch Schadensersatz verlangen. Beispielsweise dann, wenn du ein Mehrfamilienhaus wegen der Bauverzögerung nicht vermieten kannst. Bei Verträgen nach VOB kann Schadensersatz nur sehr eingeschränkt geltend gemacht werden.
  • Rücktritt vom Vertrag (§ 636 BGB): Bei einem Vertrag nach BGB kann ein Vertragsrücktritt mit vollständiger Rückabwicklung die letzte Wahl sein.
  • Ersatzvornahme (§ 637 BGB): Auftraggeber übernehmen die Behebung der Baumängel selbst. Das Bauunternehmen muss die Mehrkosten übernehmen. Für diese Variante muss ein Vertrag nach VOB bestehen.

Was sind typische Baumängel?

Keller, Dach und Fassade

Witterungsbedingte Schäden durch Baumängel machen sich vor allem an der Fassade und im Bereich des Daches unangenehm bemerkbar. Eindringende Feuchtigkeit durch Fehler an der Dämmung beispielsweise führen zu Schimmelbildung. Auch der Einsatz unzureichend getrockneter Holzbalken im Dachstuhl, Risse in der Fassade oder brüchige Fugen bringen Feuchtigkeit und Schimmelbildung ins Haus.

Schadstoffe

Giftige Substanzen stellen nicht nur einen erheblichen Mangel dar, sondern können zu schweren gesundheitlichen Problemen führen, z. B.:

  • Formaldehyd in Spanplatten
  • Fungizide, Insektizide oder Herbizide in Holzschutzmitteln
  • Weichmacher in kunststoffhaltigen Fußbodenbelägen und Wandverkleidungen

Türen und Fenster

Hohlräume unter Fensterbänken, schlecht schließende Türen oder sogar fehlende Fenster sind nur einige der typischen Baumängel. Auch mangelhafte Abdichtungen von Dachfenstern können zu erheblichen Folgeschäden führen.

Keller, Wände, Decken

Hier sind einige Möglichkeiten für Baumängel, z. B.

  • mangelhafte Abdichtungen im Bereich der Fugen
  • wasserlösliche Wand- und Deckenfarbe in Nassräumen
  • fehlende Leitungen oder solche aus ungeeignetem Material
  • Fußböden und Treppen

Im Bereich Fußböden und Treppen finden sich versteckte und offensichtliche Baumängel:

  • Bodenbeläge, die auf ungeeignetem Untergrund verlegt sind
  • Treppen, die zu kurz sind oder am falschen Ort eingebaut wurde

Wärme- und Schalldämmung

Schallbrücken und Fehler im Bereich der Wärmedämmung können die Lebensqualität in einem Gebäude erheblich verringern:

  • unzureichende oder beschädigte Dämmung
  • durchgehende Betondecken und Rohrleitungen

Außenanlage, Garage, Terrassen und Balkone

Hier bemerkt der Hauseigentümer Mängel meist erst verzögert:

  • stehendes Regenwasser oder Überflutungen durch mangelhaftes Gefälle
  • schlechte Abdichtung zwischen Terrasse/Balkon und Gebäude
  • zu steile oder zu schmale Auffahrten
  • Risse im Boden von Garage, Terrasse oder Balkon

Welche Versicherungen solltest du haben?

Wer den Bau eines Hauses oder anderen Bauwerks beauftragt, sollte rechtzeitig an die erforderlichen Versicherungen denken.

  • Bauherrenhaftpflichtversicherung: Die Bauversicherung bietet Versicherungsschutz gegen Haftpflichtansprüche bei Personen- und Sachschäden auf deiner Baustelle.
  • Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung: Mit der Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht bist du abgesichert, wenn Dritte Schäden auf deinem Grundstück oder in deinem Haus erleiden.
  • Feuer- und Sturmrohbauversicherung: Dein Rohbau ist bei Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion geschützt. Sobald das Gebäude geschlossen ist, gilt der Schutz auch gegen Sturm. Die Rohbauversicherung kann bei Generali kostenloser Bestandteil der Wohngebäudeversicherung werden.
  • Bauleistungsversicherung: Versicherungsschutz gegen unvorhergesehen eintretende Schäden an Bauleistungen, Bauteilen und Baustoffen.

Fazit: Baumängel erfordern fachgerechtes Know-how

Der Hausbau ist für viele Menschen die finanziell weitreichendste Entscheidung. Welche Pflichten der Gesetzgeber zusätzlich dem Auftraggeber auferlegt, ahnen die meisten Häuslebauer kaum. Um zudem noch Baumängel erkennen und bewerten zu können, fehlt den meisten schlicht das Know-how.

Unsere Tipps: Nutze schon bei der Planung des Bauwerks die Erfahrung eines unabhängigen Bauberaters. Sichere dich zusätzlich mit den notwendigen Generali-Produkten rund um die Baustelle ab. Unsere Berater finden den für dich optimalen Versicherungsschutz.

Mit ADVOCARD-360°-PRIVAT umfassend gegen Rechtsstreitigkeiten im privaten Umfeld absichern

Unsere Emp­feh­lung

Wenn du dich über rechtliche Schritte informieren und Rat einholen möchtest, bietet dir die Rechtsschutzversicherung von Generali die Möglichkeit zu einer telefonischen Rechtsberatung.

Mehr erfahren

Ähn­li­che Arti­kel