Der ukrainische Skeleton-Profi Vladyslav Heraskevych

Licht am Ende des Tunnels

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Abenteuer Alltag
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Die Kinder in Sportklamotten stehen an der Laufbahn im Stadion. Sie haben blaue Schilder in der Hand. „No War“ steht darauf. Eine ernste Botschaft, aber die Kinder strahlen. Vladyslav Heraskevych steht daneben, reckt ebenfalls die Arme in die Höhe. Ein Teil der Tribüne im Hintergrund ist zerstört, zerschossen von einer russischen Rakete.

Vladyslav Heraskevych ist aktuell nicht in der Ukraine. Er steht an der Bob- und Rennrodelbahn am Königssee und zeigt dieses Bild. Weil es für etwas steht. Der 24 Jahre alte Ukrainer ist Skeleton-Profi, der Einzige seines Landes. Kurz nach Ausbruch des Krieges gründete er mit seinem Vater eine Stiftung für Kinder. Er reist durch die Ukraine, um mit Kindern Sport zu machen. Er bietet Abwechslung, macht Mut, gibt Hoffnung. Und manchmal zeigt er ihnen eine Zukunft auf. Für Einzelne von ihnen geht es inzwischen bereits um Leistungssport.

Ath­le­tes for Ukraine

Skeletoni Vladyslav Heraskevych organisierte 2022 in der Ukraine Trainings für Kinder. Dieses Projekt wurde von Pat:innen der Athletes for Ukraine unterstützt. Sport ist mehr als nur die Athlet:innen, Sport ist Zusammenhalt, Sport ist eine große Gemeinschaft: Generali und die Deutsche Vermögensberatung sind Nationale Förderer der Athletes for Ukraine. Das erste Trainingscamp für Kinder aus der Ukraine soll im Mai 2023 stattfinden.

Portrait Vladyslav Heraskevych

Vladyslav Heraskevych zeigte früh Haltung. Als der Krieg noch ein Konflikt war. Als er bei den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar 2022 ebenfalls ein Schild hochhielt: „No War in Ukraine“. Das gab Ärger und Debatten beim Olympischen Komitee, wie politisch Sportler sich äußern dürfen. Aber Heraskevych sagt: „Ich will meine Bekanntheit nutzen.“

Als der Krieg kurz danach ausbrach, war Heraskevych bereits wieder in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Mit seinem Vater gründete er die Heraskevych Charity Foundation. Er nutzte seine Kontakte zu Medien und internationalen Sportlern für Hilfslieferungen. Sie fuhren Lastwagen mit Essen und Kleidung, aber auch Verbandsmaterial und Zelte durch das Land, bis an die Front.

In der Zeit entstand auch eine Freundschaft mit dem deutschen Biathlon-Olympiasieger Jens Steinigen. Der hatte zwei Wochen nach Kriegsausbruch mit vielen Athleten den Verein Athletes for Ukraine e.V. gegründet. Generali und die Deutsche Vermögensberatung sind die Nationalen Förderer dieses Vereins. Die Ziele: „Solidarität zeigen, Soforthilfe leisten, Projekte initiieren, Athlet*innen helfen“. Generali unterstützt Vladyslav darüber hinaus mit einem Sponsoring. Damit er seinen Sport ausüben und seine Herzensprojekte vorantreiben kann.

Ukrainisches Skeleton-Team
Eine Gruppe ukrainischer Kinder trainiert mit Erwachsenen vor halb zerstörten Wohnhäusern

Heraskevych und sein Vater machten weiter, wollten mehr. So entstand die Idee, mit Sport Kinder zu unterstützen. Sie reisten durch die Ukraine, in Städte, die noch unter Beschuss standen, und veranstalteten Trainings. In leeren und zerstörten Stadien und Sporthallen bauten sie Spielstationen auf. Heraskevych erinnert sich an das allererste Training mit dreißig Kindern. „Die Kinder waren anfangs sehr verängstigt. Wir haben zum Aufwärmen Hintergrundmusik angemacht. Ein Kind hat buchstäblich geweint, weil es so laut war“, erzählt er. Viele Kinder hatten Luftangriffe erlebt und konnten verschiedene Raketen anhand der Geräusche unterscheiden. Aber während des Trainings, im Spiel miteinander fanden sie ihr Lachen wieder. „Sie sollen auch schöne Erinnerungen sammeln in dieser Zeit“, sagt Vladyslav.

Es ist eine sehr emotionale Sache, mit Kindern zu arbeiten, besonders in dieser Zeit … Es ist wichtig, dass die Kinder die Freude behalten.

Portrait Vladyslav Heraskevych

Vladyslav Heraskevych

Skeleton-Profi, Gründer der Heraskevych Charity Foundation

Inzwischen haben sie Dutzende solcher Veranstaltungen gemacht. Mal sind es allgemeine Turnübungen, mal trainieren sie für Skeleton, etwa wenn die Kinder sich mit dem Bauch auf ein Brett mit Rollen legen. „Es ist eine sehr emotionale Sache, mit Kindern zu arbeiten, besonders in dieser Zeit, besonders an diesen Orten“, sagt Heraskevych. Ihm geht es um mehr als um pure Abwechslung. Sport verbindet, Sport gibt Hoffnung. Und Sport kann auch eine echte Perspektive bieten. Zwei der Kinder trainieren sogar bereits im Juniorenteam der ukrainischen Nationalmannschaft. Vladyslav sagt: „Es ist wichtig, dass die Kinder die Freude behalten. Wenn Kinder zu früh zu ehrgeizig sind und in Wettkämpfen denken, verlieren sie die schnell.“

Ein Junge trainiert auf einem Rollenbrett die perfekte Skeleton-Haltung
Eine Gruppe ukrainischer Kinder vor einem Spielgerüst

Für ihn selbst wurde der Sport in all der Zeit schnell zur Nebensache. In Abstimmung mit dem Verband sollte er den Skeleton-Weltcup absolvieren, um ein Zeichen zu setzen. Doch der Krieg hat viel verändert. „Die Werte sind auf einmal andere, ich konnte mich oft nicht mehr emotional reinsteigern in Wettkämpfe oder konzentrieren“, sagt er. Seine Freundin und seine Mutter waren in der Zeit noch in der Ukraine, auf seinem Handy bekam er Push-Meldungen über Angriffe, Bekannte von ihm starben. Und er sollte auf dem Skeleton-Schlitten in die Röhre steigen und sich fokussieren. Am Ende belegte er den 11. Platz im Weltcup, von 29 Plätzen.

Im neuen Jahr will Vladyslav Heraskevych angreifen. Zumal er jetzt bei der deutschen Nationalmannschaft mittrainieren kann. Insbesondere die Unterstützung bei seinem Equipment hilft ihm enorm. In den vergangenen Monaten konnte er kaum an seinem Material arbeiten, da er fast auf sich allein gestellt war. „Equipment und der Push beim Start sind die wesentlichen Dinge, an denen ich arbeiten muss“, sagt er, der früher bei sogenannten Strong-Man-Wettbewerben mitmachte und bei Mixed-Martial-Arts-Fights kämpfte. Beim Flow in der Bahn mit über 140 km/h und dem Gefühl für die Kurven fühle er sich sicher.

Kind mit VR-Brille auf dem Kopf in einer Sporthalle
Skeleton-Training mit ukrainischen Kindern

Vladyslav Heraskevych steht am Königssee an der Bob- und Rennrodelbahn, am Startplatz, am obersten Punkt der Bahn. An Training ist hier momentan nicht zu denken. Ein Unwetter hat die Traditionsbahn in Schönau am Königssee im Juli 2021 schwer getroffen. Noch immer verdeckt Schutt große Teile der 1740 Meter langen Bahn. Sie kann frühestens Ende 2024 wiedereröffnet werden – die Bauarbeiten laufen.

Wie lange Vladyslav Heraskevych in Deutschland bleiben kann, ist unklar. Er hat eine Erlaubnis der Ukraine, sich hier auf die nächste Saison vorzubereiten, und steht in ständigem Kontakt zum Militär. Sie kennen seine Trainingspläne. Aktuell ist es für ihn wichtiger, hier zu sein: als Vertreter seines Landes, um sich auf die nächste Wettkampfsaison gut vorzubereiten und um mit der Arbeit der Stiftung Kindern Hoffnung zu geben.

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