Eva Sperger teilt sich ihren Running Trail mit einer Kuh

Aufhören? Niemals!

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Lesezeit: 3-4 Minuten

„Ich kann Schritte machen, obwohl mein Kopf mir sagt: Hör auf.“

Was ist Ausdauer? Eva Sperger braucht keine ausschweifenden Erklärungen, vier Wörter genügen: „Einfach anfangen, niemals aufhören.“ Sie hat diesen inneren Drang von Anfang an gespürt, seit sie zum Trailrunning gekommen ist. Das war mit 35. In einem Alter, in dem andere schon wieder ans Aufhören denken. Schuhe anziehen und loslaufen. Über die Schlängelpfade der Berge, über Stock und Stein, durch die Natur hinauf auf die Gipfel. Und jedes Mal, wenn alles im Körper nach Aufgeben ruft, ein Stückchen weiterlaufen. Erschöpfungen überwinden, die Grenzen verschieben, sich selbst erleben, mehr schaffen.

Ihre erste Begegnung mit dem Trailrunning hatte Eva Sperger beim herbstlichen Bergsteigen im Schnee. Sie sah eine Frau, die mit Laufschuhen zur Hütte heraufgerannt war. Sie fand es cool. Und hat bald erfahren, dass Trailrunning über Laufen hinausgeht. „Man trainiert in einem Bereich, in dem man massive Widerstände spürt. Wo es einem wirklich nicht mehr gutgeht. Wo man sich überwinden muss. Und das ist ein gutes Gefühl!“ Allein mit der Natur zu sein, ist bereits ein übermächtiges Glücksgefühl, das Trailrunning bieten kann. Der Extragenuss beim Wettkampflaufen kommt, wenn man die Nacht durchgelaufen ist, wenn man müde ist, wenn es kalt ist, regnet, wenn man weiß, dass man noch einige Stunden vor sich hat. Wenn man lernt, mit solchen Widerständen umzugehen. „Was für mich dabei herauskommt, ist, dass man sehr viel Vertrauen in sich gewinnt. Und dass es nicht nur ein bisschen weitergeht. Sondern dass es sehr, sehr lange weitergeht ab dem Punkt, wo man glaubt: Hier ist das Ende.“ Eine unglaublich große Selbstwirksamkeitserfahrung.

Portrait Eva Sperger

Die beglückenden Gefühle beim Laufen haben sie nach wenigen Jahren seit jener Begegnung bei der Bergrast zur Deutschen Meisterschaft im Trailrunning gebracht. Bereits nach gut einem Jahr wurde sie Erste beim Innsbruck Trailrunning Festival, beim Ultra Trail Lamer Winkel sowie beim Arberland Ultratrail im Bayerischen Wald, bei den einhundert Kilometern des Chiemgauer100 sowie beim KiniTrail in Schwangau. 2017 holte sich die Münchnerin den Titel. Bei der Trailrun World Championship 2018 in Spanien ging Deutschlands beste Trailrunnerin auf die Penyagolosa Trails und wurde Siebzehnte. Ihr größter Erfolg: der Lauf um das Großglocknermassiv, bei dem sie die schnellste Zeit um eine volle Stunde unterbot und neben den Männern als Gesamtdritte ins Ziel kam. Zuletzt lief sie beim Ultra-Trail Mont Blanc, der inoffiziellen Weltmeisterschaft des Trailrunnings, über 170 Kilometer und 10.000 Höhenmeter unter die Top Ten. Eine Späteinsteigerin, die einen Blitzstart hinlegt und dann aus dem Flow nicht mehr heraus will.


Eva Sper­gers sechs Tipps zum Gewin­nen von Aus­dauer

Die Beine einer Läuferin auf einem Runningtrail
  • Wenn man denkt: Jetzt geht wirklich nichts mehr, ist man gerade mal bei vierzig Prozent von dem, was der Körper leisten kann.
  • Training auf verschiedenen Ebenen ist wichtig: Nicht immer nur bei bestem Wetter trainieren, sondern im Winter auch bei Kälte und tiefem Schnee.
  • Man sollte sich täglich kleinen Situationen stellen, die auch unbequem sein können. Etwa: viel zu früh trainieren, bei Wind und Wetter mit dem Rad zur Arbeit fahren.
  • Den Widerstand zu überwinden, ist Teil des Trainings.
  • Sich geistig vorbereiten auf einen Wettkampf ist wichtig: Was passiert, wenn ich umgeknickt bin? Wenn mir schlecht wird? Wenn mein Magen rebelliert? Bei so einem langen Lauf wird etwas passieren, da sollte man nicht überrascht sein. Routine bringt einen ganz schön weit.
  • Für einen Trailrun, der siebenundzwanzig Stunden dauert, braucht es Geduld.

Aus­dauer för­dert die psy­chi­sche Wider­stands­kraft

„Ich mag den Sport auch deshalb: Ein Ultra ist wie ein Leben in Miniaturform. Es gibt verschiedene Phasen, gute, schlechte und dann erstaunlicherweise doch wieder gute, wenn man durchhält.“ Das Wichtigste ist, sagt Eva Sperger, dass man Selbsterkenntnis über Geist und Körper gewinnt. Laufen ist für sie eine Form der Meditation, bei der man absichtlich Sturm im Geist herstellt. Eva Spergers Leidenschaft für das Trailrunning reicht auch hinüber in ihren Beruf. Sie arbeitet als Psychotherapeutin und weiß, wie schwierig, aber auch wie wichtig es ist, aus dem Gewohnten herauszukommen.

Die eigene Leistungsfähigkeit spüren, sie stetig ausbauen, das ist für Eva Sperger nicht nur etwas Körperliches. Trailrunning, sagt sie, ist „eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Geist“. Über den Ausdauersport erreicht man auch geistige Widerstandskräfte. Um das Körperliche zu schaffen, müssen psychische Strategien dazukommen. Psychotherapien und Meditation bieten ihr einen Schatz an Werkzeugen des Umgangs. Gedanken und Gefühle muss man unterscheiden von Handeln. In einem Lauf, sagt sie, „wird gedanklich und emotional alles Mögliche kommen. Das ist zum Teil Unwetter im Kopf. Und da habe ich gelernt: Das Wetter ist, wie es ist. Ich kann mich ein Stück weit davon distanzieren und das unter Kontrolle bringen, was ich wirklich mache. Und das sind Schritte.“ Man müsse akzeptieren, was auftaucht, und unabhängig davon entschlossen handeln: „Ich kann Schritte machen, obwohl mein Kopf mir sagt: Es geht nicht mehr, hör auf.“

Trailrunnerin Eva Sperger läuft vor bewölktem Himmel

Der Kopf versucht, uns zu schützen, er versucht, Ressourcen zurückzuhalten. Er will nicht, dass wir uns verausgaben. Der Kopf, sagt Eva Sperger, „wird alles tun, um uns rauszukicken“. Was dann tun? „Ich muss mir vorher überlegen: Was ist meine Strategie.“ Die ist ganz einfach, sagt die erfahrene Ausdauersportlerin: „Schritte machen, tief durchatmen, essen, trinken. Weitermachen.“

Bei der Umrundung des Mont-Blanc-Massivs musste sie schon zweimal aussteigen. Beim dritten Versuch hat es nun geklappt. Ein Anlass aufzuhören? „Niemals!“

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